Anja Rausch‘s work negotiates the concept of opposites, which, according to her perspective, are not fundamentally distinct but rather form a unity –mutually conditioning each other. In this context and tradition, the artist is highly interested in alchemical worldviews and psychological models, in particular the theories of C.G. Jung. This exploration of polarities and pluralities is inscribed as a formal attitude into Anja Rauschs work. The artist ‘reads’ her work in comparison to various concepts from different fields: The images can be read as a reference to biological or geological phenomena. Their occurrence reminds one of a primal form of growth that radiates both tenderness and violence. The scale provides the same ambiguous quality: am I facing microscopic cells or a macro cosmic system? Is an abstract, physical energy state shown here, or an anatomical model? The paintings approach visual intersections from various scientific fields and connect them to humanities i.e., psychology or philosophy.

The subjects deal with the tilting moment between physical surface and inner images.  Central themes are: the fragile inside and the invasive outside, fertility, transformational states and incarnation. The pictorial world develops from a first intuitively painted layer, which is built up during an additive painting process, to an almost photorealistic motif. Comparable to an exercised thought process to discover the resulting image. Ultimately, it is about achieving the highest possible precision in describing something, that possesses a diffuse character within itself. The artist elaborates how closely she can capture this paradox.

Formal plasticity, light phenomena and visual depth is of great relevance to Anja Rausch‘s concept of painting. In this regard, the technique is formally oriented towards old master paintings  as a system of representation. The subject, on the other hand, refuses any narrative structure or clear assignment. As a result, her carefully crafted textures navigate the liminal space between reality and imagination, figuration and abstraction.

“Images are an integral part of language. In order to ‘read’ an image, we have emotional impulses at our disposal. To discuss an image, we are usually dependent on the spoken word. The German language (being my mother tongue) appears as a particularly physical one. Examining linguistic ‘images’ and tracing them back to their etymological roots form a significant  field of research within my artistic practice. Furthermore, I exercise painting as an act of the unconscious: the Image, as an object of perception, can only be ‘read’ and interpreted with this inner ‘vocabulary’. Interpretation, in turn, is also influenced, if not driven, by the emotional unconscious. This perpetuum mobile fascinates me to a great extent and is reflected in my artistic language.”






Anja Rauschs Malerei verhandelt das Terrain von Gegensätzlichem, das ihrer Auffassung zur Folge im Kern eine Einheit bildet –  einander überhaupt erst bedingen. In dieser Tradition interessiert sich die Künstlerin für alchemistische Weltbilder und psychologische Modelle, beispielsweise für die Theorien von C.G. Jung. Im Ausloten dieser Polarität bzw. Pluralitä findet die Malerin eine theoretische Nähe zu den philosophischen Abhandlungen von Georges Bataille. Diese „Mehrstimmigkeit“ ist als formale Haltung in die Arbeit der Künstlerin eingeschrieben: Die Malerin untersucht Ihre Arbeit hinsichtlich diverser Konzepte aus verschiedenen Feldern: Die gebildeten Strukturen können als Verweis auf bio- oder geologische Phänomene gelesen werden. Ihre Erscheinung erinnert an eine ursprüngliche Wachstumsform, die sowohl Zärtlichkeit, als auch gewaltvolle Anteile ausstrahlt. Auch die Skala bietet dieselbe ambigue Qualität: Stehe ich einer mikroskopischen Zellorganisation oder einem System des Makrokosmos gegenüber? Wird hier ein abstrakter, physikalischer Energiezustand dargestellt, oder ein anatomisches Modell? Das Bilden bietet die Möglichkeit, visuelle Schnittmengen aus naturwissenschaftlichen Bereichen zu finden und diese mit geisteswissenschaftlichen Aspekten aus Psychologie oder Philosophie in Zusammenhang zu bringen.

Die Sujets verhandeln dabei den Kippmoment physischer Oberfläche und innerer Bilder. Zentrale Themen sind: Das fragile Innen und das invasive Außen, Fruchtbarkeit, Wandlungsfiguren und das Inkarnat. Die entstehenden Bildwelten entwickeln sich aus einer ersten intuitiv gemalten Schicht, die während eines additiven Malprozesses, hin zu einem nahezu fotorealistischen Motiv aufgebaut werden. Vergleichbar mit einem praktizierten Gedankenprozess, innerhalb dessen das Motiv successive gefunden wird. Letztendlich geht es darum, die größtmögliche Präzision für etwas zu finden, das inhärent diffusen Charakter aufweist. Im Zentrum der Praxis steht für die Künstlerin die Durchdringung dieses Paradoxons.

Formale Plastizität, Lichtphänomene und visuelle Tiefe sind in Folge dessen von großer Relevanz für Anja Rauschs Begriff von Malerei. In dieser Hinsicht nimmt sie formalästhetischen Bezug zu altmeisterlicher Malerei, als ein System von Darstellung und Repräsentation. Die Motive hingegen verweigern sich jeglicher narrativen Struktur oder eindeutiger Zuordnung. Ihre sorgfältig ausgearbeiteten Texturen bewegen sich infolgedessen im Übergangsbereich zwischen Realität und Vorstellungskraft, zwischen Figuration und Abstraktion.

„Bilder sind integraler Bestandteil von Sprache. Um ein Bild zu lesen, stehen uns emotionale Regungen zur Verfügung. Um ein Bild zu besprechen, sind wir in der Regel auf das Wort zurückgeworfen. Deutsch als meine Muttersprache erscheint dabei als eine besonders körperliche. Das Abklopfen sprachlicher Bilder und die Rückverfolgung etymologischer Wortwurzeln bilden ein wertvolles Recherche-Feld meiner künstlerischen Praxis. Mehr noch studiere ich das Malen als Akt des Unbewussten: Das Bildnis, als gewordener Gegenstand der Wahrnehmung, kann nur mit diesem inneren Wortschatz gelesen und gedeutet werden. Die Deutung wiederum ist ebenso beeinflusst, wenn nicht sogar getrieben, vom emotional Unbewussten. Dieses perpetuum mobile fasziniert mich im höchsten Maße und findet sich in meiner künstlerischen Sprache wieder.”